Seit letzter Woche ist mein Essverhalten total außer Kontrolle geraten. Ich bin jenseits von Gut und Böse angelangt, esse alles was ich mir vorher brav gekauft habe oder vor meiner Nase liegt und mich anmacht. Und das auch noch ständig und immer. Also wirklich ständig und immer, ohne Pause und Unterlass!
Für mich ist das der größte vorstellbare Supergau, der mir passieren kann. Seit Therapiebeginn habe ich Probleme damit. Bis Nachmittag die Therapie mit 20 weiteren Mit-Patienten, dann der Einkauf / Haushalt. Zu Hause bin ich auch nicht mehr alleine, sondern es ist immer schon jemand vor mir da.
Ständig plappert jemand um mich herum, was ich als unheimlich anstrengend empfinde.
Wenn ich sonst alleine zu Hause bin und den Haushalt erledige, habe ich weder Radio, TV oder sonstige Bespassung an. Das höchste der Gefühle ist ein Küchenhelfer, den ich evlt. gerade brauche, ansonsten herrscht bei mir göttliche Ruhe. Und nun bin ich wieder einem ständigen Lärmpegel ausgegesetzt, das vertrage ich nicht und es stresst mich sehr.
Und mir fehlt meine Zeit für mich ganz alleine sehr. Ich weiß, das das alles absoluter Luxus ist. Aber das ist meine Regenerationszeit, auch wenn ich gerade Haushalt mache.
Mich belastet die ständige Esserei sehr und es macht auch keinerlei Spass. Ich bin ständig satt oder übersatt und habe wieder jegliches Gespür verloren. Ich konnte mir letzte Woche beim zunehmen zusehen. Innerhalb von 5 Tagen ist ein kleines Bäuchlein gewachsen und dabei habe ich noch 7 Wochen Therapie vor mir.
Mein destruktives und selbstverletztendes Verhalten macht mir sehr zu schaffen. Ich bin böse auf mich, habe das Gefühl eine Versagerin zu sein und schäme mich unendlich. Und trotzdem schaffe ich es nicht, dagegen anzusteuern. Ich habe keinerlei Kraft dazu!
Gestern Abend zum Beispiel war ich schön satt nach dem Abendessen. Aber kaum hatte ich gegessen, habe ich wieder ständig an weiteres Essen gedacht. Ich habe das ungefähr 2 Stunden ausgehalten, oder auch 3 Stunden, so genau weiß ich das nicht mehr. Als nichts mehr ging, habe ich mir einen großen Apfel geschnappt und ihn langsam gegessen. Ich dachte mir, das das immerhin Schadensbegrenzung ist.
Kaum war mein Schatz im Bad, habe ich mir den Eiweißriegel geschnappt und regelrecht verschlungen. Danach ließ der Druck in mir langsam nach und der Stresspegel des Tages viel langsam etwas tiefer.
So geht das nun seit einer Woche und die Mitpatienten bringen ständig etwas mit und ich kaufe mir zusätzlich noch ständig etwas. Kaufe ich nichts, kann ich bis zur Mittagspause an nichts anderes mehr denken. Das kostet mich gerade sehr viel Kraft und spätestens dann kaufe ich mir etwas zum Naschen.
Ich war dann heute morgen so verzweifelt, das ich das Gespräch mit meinem Arzt gesucht habe. So kann es nicht mehr weitergehen. Ich nehme sehenden Auges wieder zu und kann es nicht verhindern. Nach einem Gespräch mit meinem Arzt wurde ich zur Sozialpädagogin weitergeschickt. Wir haben mich nun in einer Klinik in der Nähe angemeldet. Sie ist auf verschiedene Essstörungen spezialisiert, unter anderem auch Binge Eating und Bulimie. Den vorher habe ich ja viel gegessen und mit Abführtropfen reguliert. Heute traue ich mich das ja nicht mehr, weil ich danach über Monate Probleme mit meinem Darm habe.
Wir sind jetzt so verblieben, das ich weiterhin die Tagesklinik besuche, damit ich einen geregelten Ablauf habe und Psychologisch betreut werde. Und dann hoffen wir, das mich diese Klinik in den nächsten Wochen stationär aufnimmt.
Die Essstörung dringt nämlich immer mehr in den Vordergrund und ich habe das Gefühl, das sie ganz eng mit meiner Depression verknüpft ist. Das das Eine das Andere unmittelbar beeinflusst.
In der Klinik für Essstörung würden auch zeitgleich meine Depressionen mit behandelt werden können.
Mein Freund ist natürlich nicht begeistert. Seit er mich kennt, dreht sich bei mir alles um Essen, Kalorien, Fette, Gewicht und Aussehen. Und es hat sich nie etwas verändert, auch nicht nach der OP nicht. Im Gegenteil, hat mein Freund gesagt. Es ist laut seiner Aussage sogar noch extremer geworden. Er kann es einfach nicht mehr hören, den ich lasse mich nun seit 3 Jahren in verschiedene Richtungen Therapieren und wirklich bahnbrechendes ist nicht passiert.
Und auch ich nehme das nun zwischenzeitlich wieder so wahr. Ich hoffe mit der Ess-Therapie das mein gordischer Knoten endlich platzt und ich wieder einige Schritte weiter bin. Ich habe ja noch einige Jahre Zukunft vor mir und du will ich nun endlich mal wieder so richtig geniessen. Verdammt, das muss doch machbar sein.
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Daniela (Dienstag, 16 Oktober 2018 10:49)
Ich kann nicht mehr ohne Auszeiten...und wenns nur paar Minuten sind. Manchmal ganz still, manchmal mit "meiner" Musik, die einfach mir gefällt und gerade gut tut, manchmal mit einer kurzen Hypnose oder geführten Meditation, je nachdem was mein Herz mir gerade sagt.
Nur du kannst den Weg zu dir finden <3 Keine Therapie und nichts kann meiner Meinung nach helfen, ohne dass der Mensch zu sich findet.
Ich bin sehr gerne in Kira Sieferts Facebookgruppe, seit nun gut 1 Jahr und seither hat sich so vieles geändert, auch wenn der Weg noch lange ist und ich genau so unkontrollierte Fressphasen nur zu gut kenne.
Und Depression und Essstörung sind für mich unglaublich stark verknüpft!
Bis vor drei oder vier Tagen hatte ich gerade wieder so eine Fressphase, täglich, mehrmals komplett unkontrolliert gegessen...querbeet, wahllos, Hauptsache Essen...Auslöser fast immer Stress, Hormone...oder beides. Doch noch immer hat sich das Blatt wieder gewendet und es läuft gerade wieder so völlig unkompliziert...Hätte ich ein Rezept, so würde ich es noch so gerne teilen <3 Lg daniela
Fräulein M. (Mittwoch, 17 Oktober 2018 21:19)
Guten Abend Daniela,
habe mir heute mal wieder meine Auszeit vor dem PC genommen. ;-)
Meine (Atem)Meditation mache ich fast jeden Tag, das tut unheimlich gut. Zu mir selbst finden .... ich bin da halt anders. Ich bin jetzt schon so lange an dem Thema dran, alleine schaffe ich es nicht.
Ich für mich denke, das ich gut in einer Fachklinik aufgehoben bin. Zumal ich Portionsgrößen überhaupt nicht einschätzen kann und somit ziemlich schnell vie zu wenig oder viel zu viel esse.
Jetzt heißt es noch einige Unterlagen nachliefern und dann auf das Einzugsdatum warten. So lange kann ich in der Tagespsychiatrie bleiben und meine Therapie fortfahren.
Sobald ich das Einzugsdatum habe, kann ich den teilstationären Aufenthalt abbrechen. Seit ich das weiß, hat sich mein Essverhalten zumindest schon ein wenig entspannt. Das läßt mich erst einmal etwas aufatmen.
Liebe Grüße und lass es dir bitte gut gehen!
Michaela
Daniela (Freitag, 19 Oktober 2018 09:35)
Alleine schaffe ich es auch nicht :-) Doch findet man im Internet so viel Unterstützung, auch begleitend zb zu einem Klinikaufenthalt oder danach (denn das danach ist ja mindestens so wichtig und herausfordernd denke ich). Denke eine spezialisierte Klinik kann dir da sicher auch besser helfen und besser auf deine spezifischen Anliegen und Probleme eingehen.
Nachdem ich dachte, ich wiege nie wieder ab und schreibe auf, hab ich meine Meinung dazu wieder revidiert und schreibe nun seit gut 3 Monaten wieder auf. Tracke wirklich alles, auch Fressanfälle und miese Tage und Phasen...
An guten Tagen hilft es mir vor allem, zu sehen, wie gut ich mit weniger satt sein kann. Und ich sehe auch, wie sehr mein Bedarf schwankt...Manchmal bin ich mit 1500 kcal gut satt und zufrieden und dann könnte ich nach 4000 oder mehr kcal noch weiteressen :-) Doch kann ich das immer besser annehmen, dass es einfach Tage wie gestern gibt (mit knapp 4200) kcal und Hunger (oder besser Appetit) den ganzen Tag, und genausogut gibt es aber auch Tage, da bin ich ausgeglichen und satt mit viel weniger (bin ja noch länger in der Abnehmphase).
Alles Gute und hoffentlich bald DEN Platz in der Klinik für dich! Liebe Grüsse Daniela
Tanja (Montag, 22 Oktober 2018 05:56)
Guten Morgen Michaela,
dein neuer Beitrag ist nicht freigeschalten.
Ich wünsche dir alles Gute, das dir in der Klinik nun geholfen werden kann. Lg.