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Sei dein eigener Teig

Eben habe ich wieder nach meinem Pizzateig gesehen. Also, einfach nur voller Verzückung die Schüssel angesehen, in dem mein Pizzateig in aller Ruhe und bei angehmer Wärme reifen darf. Sich zur vollen Größe entfalten kann, ohne das ihm ständig der Deckel auf und zugemacht wird. Und kam mir plötzlich der Gedanke ins Hirn geschossen: sei dein eigener Teig.

Und Recht hat dieser Gedanke und er geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich will dieses Jahr wirklich mal versuchen mein eigener Teig zu sein.

Ich gehe mit meinen Teigen besser um, als mit mir selbst.

 

Nehmen wir zum Beispiel meinen Hefeteig vom Bild oben. Die Mehle habe ich von unserer Getreidemühle und ich achte darauf, das es nur solche Mehle mit hoher Typzahl sind, weil sie mir am besten schmecken und ganz nebenbei noch einen besseren Nährwertgehalt haben, als die niedrigen Typzahlen.

 

Meine Trockenhefe aktiviere ich vorab schon mit lauwarmen Wasser und gebe guten Agavendicksaft dazu. Den raffinierten Haushaltszucker, der überhaupt keine Nährwerte hat, den lasse ich nicht ran an die Hefe. Und schon da erfährt die Hefe, das sie die Zeit bekommt, die sie braucht zum aktivieren.

 

Meine trockenen Zutaten mische ich langsam, bevor die flüssigen Zutaten hinzukommen. Ich lasse meine Maschine den Hefezeit grundsätzlich auf niedriger Stufe kneten, dafür aber 1 bis 2 Minuten länger. Ich habe das Gefühl, wenn ich die Maschine so richtig klotzen lasse, das der Teig einfach nur zu Tote geprügelt wird und keine Sorgfalt von mir erfährt.

 

Danach gebe ich den gekneteten Teig in eine Schüssel und mach den Deckel drauf. Er kommt in unseren warmen Raum wo der Wasserspeicher steht. Den mein Hefeteig liebt es dort, bei muckeligen 2°C. Und ich wickle ihn noch sorgfältig ein, damit es ihn auch ja nicht friert.

 

Und dann lasse ich ihn in Ruhe und zwar über Stunden und nicht nur ein Stündchen oder zwei. Nein, der Hefezteig soll in Ruhe reifen und groß werden dürfen. Ab und zu linse ich in den Raum und gucke ihn verzückt von der Ferne an. Aber ich lasse ihn Ruhen, das ist ganz wichtig.

 

Wenn es soweit ist und der Teig wird gebraucht, dann knete ich ihn noch einmal sorgfältig mit der Hand ein paar Runden. Er wird ausgewalkt und darf es sich dann noch einmal für eine halbe bis dreiviertel Stund unter einem Geschirrtuch bei 25°C ausruhen. Den so ein Kneten und Auswalken kann für einen Teig anstrengend sein und er zieht sich in sich zurück. Er soll noch mal die Möglichkeit bekommen und ein letztes Mal wachsen dürfen.

 

Mein Sauerteig:

Jeden Tag bekommt mein Sauerteig Pflege. Ich fütter ihn mit Mehl und Wasser. Und zwar ausschliesslich mit Mehl und Wasser. Ab und an, wenn er zuviel wird, dann darf er sich für 2  oder 3 Tage im Kühlschrank ausruhen. Da braucht er dann auch kein Mehl und Wasser. Und für all diese Pflege und Zuwendung belohnt er mich nun schon seit fast einem Jahr mit seinem guten, säuerlichen Geschmack.

 

Nie im Leben würde ich darauf kommen meinem Sauerteig zu sagen, das er stinkt. MIr selbst gegenüber im Spiegel .... na ja, da kann ich dann schon weniger liebevoll sein. Boah, da die Cellulite, dort die Falte.

 

Oder wenn Besuch kommt: da wirbel ich noch mal durchs Haus als käme ein Staatsbesuch, das auch ja kein Staubkorn irgendwo vergessen wird. Schrecklich.

 

Oder wenn wir eine große Feier haben: da muss aber auch alles organisiert und soweit vorbereitet sein (inkl. vorab die Küche zum x-ten Mal aufgeräumt) das sich die Gäste nur noch setzten, essen und amüsieren müssen. Ich bin bis dahin schon wieder reif fürs Bett oder zumindest für ein ein-stündiges Schaumbad.

 

Mein Anspruch an meine eigene Person ist hoch, viel zu hoch. So hoch, das ich eigentlich immer an mir selbst scheitern muss.

 

Ich sollte mit mir selbst umgehen, wie mit meinem Hefeteig oder Sauerteig. Und das werde ich mir 2021 immer wieder ins Gedächtnis rufen:

 

Sei dein eigener Teig!

 

Gönne dir Ruhezeiten, wo du überhaupt nichts tust, außer es tut dir gut!

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