
Was hat es mit dem Fear-Food auf sich und wie kann ich dieses Verhalten entschärfen?
Auf dem obigen Bild ist ganz gut zu erkennen, was bei mir unter Fear-Food fällt. Und das ist auch nur ein Auschnitt davon, den nicht alles Fear-Food habe ich auch zu Hause. Ich bin eine "Vermeiderin" und gehe solchen Lebensmitteln, wo es geht "noch" aus dem Weg.
Wie fing das bei mir an?
Anfangs habe ich das gar nicht so geschnallt. Es kamen die ersten (Mode)-Diäten auf den Markt die Kohlenhydrate verteufelten. Irgendwann zogen auch die in meinen Augen seriösen Diäten auf dem Markt nach und ich dachte dann, da muss wohl was dran sein. Als ehemalige Vegetarierin war das ein harter Schlag für mich. Den Fleisch ist auf keinem Fall mein Gemüse, da ich bei Fleisch wirklich sehr, sehr heikel bin. Fettiges Fleisch, für mich der Inbegriff allen Übels und zwar weil ich die Konsistenz und den Geschmack einfach ganz schrecklich finde. Das war auch der Grund, warum ich irgendwann zur Vegetarierin wurde. Fleisch am Stück - geht auch heute noch nicht, das ist mir zuviel Fleisch. Als Hack oder maximal Geschnetzeltes, das ist in Ordnung.
Nun war plötzlich also meine Nahrungsgrundlage in den Verruf geraten. Mit der OP zum Schlauchmagen hat sich das dann noch mal um Längen verstärkt. Wurde einem doch von allen Seiten geraten, immer zuerst die Eiweißquelle zu essen, dann die Ballaststoffe und sollte sich danach noch irgendein kleines Eckchen im kleinen Magen finden, dann aber auch nur dann, darf man noch etwas KH essen. Aber bitteschön in Mikroportionen und ja nicht mehr.
Das ging bei mir soweit, das wenn ich Einladungen bekommen habe, wo Essen auf dem Plan stand, ich wirklich aggressiv reagierte. Der Gipfel war dann die Zeit, als ich solche Einladungen unter fadenscheinigen Gründen entweder ganz ausschlug oder einfach log (der Schlauchmagen war da immer eine tolle Ausrede) das ich mein Fear-Food seit der OP nicht mehr vertrage.
Jahrelange Vermeidungsstragie
Ich fuhr eine jahrelange Vermeidungsstrategie aus der mein Körper zwischendurch immer mal wieder mit Gewalt ausbrach. Mit dem heutigen Wissen auch kein Wunder, den ich habe meinem Körper durch dieses Vermeiden der Angstbesetzten Lebensmittel einfach auch wertvolle Nährwerte vorenthalten.
Wenn Fear-Food, dann bitte nur das gesunde Fear-Food in Form von Vollkorn. Oder, noch unsinniger war das mit der resistenten Stärke in den Kartoffeln. Mein Umfeld und ich kamen dann nur noch in den Genuss von ab und an Bratkartoffeln, die nie spontan gingen, weil die Kartoffeln von mir am Tag zuvor gekocht wurden. Die mussten ja schön kalt werden, damit sie ja diese resistente Stärke entwickeln und der Körper so nicht mehr jedes Fitzelchen Kohlenhydrate verwerten konnte.
Ich habe es also, wie sooft bei Nahrung oder Sport gegipfelt und zu einer Höchstdisziplin entwickelt.
Langsamer Ausweg - mein Unterbewusstsein fing an damit
Mit dem bewussten Auseinandersetzten was Zucker alles mit mir macht, fing mein Unterbewusstsein langsam an, auch mein Fear-Food zu steuern. Wie immer das auch zusammenhängen soll, egal.
Kartoffeln sind schon lange kein angstbesetztes Nahrungsmittel für mich. Sie schmecken mir in fast allen Variationen und ganz bestimmt nicht extra vorher ausgekühlt. Ob als Knödel, Salzkartoffel, Kartoffelsalat, Rosmarinkartoffel oder sonst wie. Nur so richtig fettig, da mag ich sie nicht mehr. Sodbrennen lässt grüßen, das gibt es nur noch sehr sehr selten.
Nudeln arbeite ich dran. Und zwar inzwischen sehr bewusst. Bei mir ist heute noch ganz arg verankert, das Nudeln dick machen. Warum auch immer. Reis hat diese Schublade in meinem Hirn nicht, Nudeln sehr wohl.
Nichts desto trotz koche ich wieder vermehrt mit Nudeln. Ich achte halt heute darauf, das es ausgewogen ist. Es ist nicht mehr der Berg Nudeln (wie ganz früher) mit etwas Tomatensoße und Unmengen an Parmesan. Heute sind die Nudeln einfach nur noch eine sättigende Beilage.
Als ich mich gestern das erste Mal an selbstgemachte Maultaschen gewagt habe, war im Vorfeld schon auch der Gedanke da: boah, Maultaschen wird der Hauptbestandteil von deinem Teller sein. Ist das wirklich so gut und clever?
Dann setzt mein "Relativierungs-Tool" im Kopf ein und übernimmt die Regie. Das hört sich dann gedanklich ungefähr so an:
- Aus war besteht den der Hauptteil der Maultaschen?
In meinem Fall war es frisches Gemüse und guter Ricotta - Gibt es den noch etwas zu den Maultaschen dazu?
In unserem Fall war es gestern leckerer, frischer Brokkoli aus dem Dampfgarer - Muss den die geschmolzene Butter mit der Schnittlauch wirklich dazu sein?
Ja - das Muss und es ist auch nur ein kleiner Anteil. Ich will das es für mich schmeckt und
Butter gehört in meinem Fall halt dazu. Macht mich nicht dick, weil es kein Alltag ist!
- Wie oft wirst du jetzt wohl Maultaschen essen?
Grins, nicht sehr oft, den der Aufwand die Dinger selbst zu machen ist immens.
Ich führe also ein inneres Gespräch mit mir und führe mir die reinen Fakten vor Augen. Am Ende war es dann auch wirklich so. Ich konnte nach der ganzen Schnippselei, Kneterei und Auswalkerei die Maultaschen so was von geniessen. Sie waren schon wegen des ganzen Aufwands ein Highlight für mich, das es so mit Sicherheit nur selten gibt. Der Aufwand ist mir für den Alltag zu viel, aber die gekauften will ich jetzt auf keinen Fall mehr. Wenn dann, dann komplett selbstgemacht und nicht aus dem Kühlregal.
Und so spielt sich das noch immer in meinem Kopf ab, wenn es um Nudeln geht. Ich relativiere und gucke einfach, das es genügend Gemüse, Hack oder Meeresfrüchte zu den Nudeln gibt. Sie sind immer nur ein drittel Bestandteil auf meinem Teller. Aber das Drittel das muss sein und ganz langsam wird die Angst vor den "bösen Nudeln" kleiner und sie erobern wieder den normalen Essalltag.
Mit anderm Fear-Food bin ich noch lange nicht soweit. Aber auch das wird sich irgendwann erledigen.
Komischerweise stand Käse nie auf der Liste von Fear-Food. Und das obwohl meine Gratins früher so eine dicke Schicht fetttriefenden Käse als Kruste hatten, das es im Grunde genommen alles andere übertüncht hat.
Eiweiß ist ja voll gesund - grrr, wie immer die Dosis macht das Gift. Aber ich bin halt auch schön gut zu beeinflussen, wenn genügend Zeitschriften, Diäten das predigen.
Neu verankerte Muster - Unterbewusstsein
Das ich mein Relativierungs-Werkzeug einsetzte, das war Anfangs wirklich mühsam. Oft habe ich es zu Beginn vergessen und erst weit danach daran gedacht. Ab und zu habe ich zumindest mittendrin mal an das Relativieren gedacht. Zu oft habe ich Anfangs dann das Fear-Food gemieden. Oder, und das finde ich noch viel schlimmer, ich habe mir nach dem Essen von solchem angstbesetzten Nahrungsmittel nicht nur selbst Vorwürfe gemacht. Nein, ich habe mich innerlich selbst richtig fertig gemacht und meine Kopfgedanken haben mich auf das übelste beschimpft.
Zu meinem Glück greift mein Unterbewusstsein immer mehr ein. An den meisten solcher Tage relativiert mein Unterberwusstsein meine "schlecht machenden Gedanken was Fear-Food" angeht. Und ich bin sehr froh darum. Es heißt dran bleiben. Auch wenn der Weg am Anfang so unendlich aussieht, man die ersten Monate überhaupt keine Verbesserung sieht. Da passiert etwas und wenn es nur das wahrnehmen der Situation ist. Das bewusste Wahrnehmen und was es mit einem macht.
Das ist der Beginn für den Ausweg aus der Spirale der Essstörung, Depression oder anderer psychischer Krankheiten!
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