
Jetzt ist es also endlich soweit und ich traue mich. Das erste Mal habe ich von Aerial Yoga gehört, da habe ich noch in meiner alten Heimat gewohnt und war gerade mitten in meinem Trennungsjahr.
Komplett aus der Bahn geworfen durch ein lapidares: "ich will mich Trennen, den du bist mir zu Dick. Würdest du mich wirklich lieben, dann hättest du auch für mich abgenommen."
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Bäm, das saß damals tief und heftig und ich wußte keine Antwort, außer die für mich Beste überhaupt. Ich habe ihn aus meinem damaligen Haus und meinem
Leben geworfen.
Der Fitnessstudio-Besitzer meines ehemaligen Fitnessstudios kam zu meiner damaligen Firma und hat sich eine neue Internetseite machen lassen. Ich habe das Projekt damals betreut und er fragt mich, ob ich nicht mal Lust auf Aerial Yoga hätte.
Ja, ich hätte es sehr wohl gehabt und wie, aber.....
Ich fühlte mich damals so unsagbar schwer und unbeweglich und ich habe mich unendlich geschämt. Alleine diese drei Dinge haben es damals nicht zugelassen, das ich das mal ausprobiere.
Die Angst, das ich da unter lauter grazilen Yoginis vollkommen bescheuert im Tuch hänge. Wenn ich überhaupt in das Tuch gekommen wäre. Ich sah mich im Geiste verzweifelt in das verdammte Tuch krabbeln und habe es nicht geschafft, weil ich meinen schweren Körper nicht vom Boden bekommen habe.
Dann die Angst das das Tuch reißt oder der Haken aus der Decke bollert .... oh mein Gott .... die hätten mich alle ausgelacht ..... meine Annahme und so habe ich mir das auch immer im Geiste vorgestellt.
Einn neuer Sport, komplett außerhalb meiner Komortzone in aller Öffentlichkeit .... das ist für mich bis Heute so schwierig geblieben. Und dann kam ich durch Instagram wieder mit Yoga in Verbindung. Das praktiziere ich seit fast einem Monat nahezu täglich. Und ich merke, wie ich ganz langsam biegsamer werde. Und wie sehr mir das gut tut. Es ist wie ein Herunterfahren des PCs, wenn ich da so auf der Matte bin und selbstvergessen meine Übungen mache.
Gestern hatte ich bei einer Übung wieder einen Muskelkrampf im Bauchmuskel, das kenne ich erst seit meiner Straffund des selbigen. Aber ich habe nicht aufgehört zu üben, ich habe den Muskelkrampf genommen, mich gefragt welche Dehnung mir jetzt gut tun würde und dann habe ich mich gedehnt,seitlich hingelegt und den Rücken durchgestreckt. Mit Tränen in den Augen habe ich dann gemerkt, das ich Selbstfürsorge mache. Das ich Verantwortung übernehme und das Verantwortung nicht heißt: oh, da krampft ein Muskel du musst jetzt sofort den Sport beenden. Nein, Selbstfürsorge war für mich: der Muskel krampft, ich dehne ihn behutsam so das er wieder entkrampft und danach suche ich mir Übungen, die diesen Bauchmuskel eben nicht so beanspruchen und mache noch mein Yoga zu Ende.
Das war so ein unglaubliches Gefühl für mich und ich habe dann so von mir beflügelt, den Termin in meiner Nähe ausgemacht.

Den auch das Aerial Yoga habe ich wieder über Instagram in Erinnerung gebracht. Und ich bin entsprechend seit ein oder zwei Wochen eben um das Thema herumgeschlichen und habe auch mal im Netz gesucht, ob es jemanden in meiner Nähe gibt, der Einzelunterricht macht.
Und ich habe Glück, es gibt jemanden, nur 10 Fahrminuten von mir zu Hause fort. Und ich habe mich gestern eben getraut und ihr eine eMail geschrieben. Bevor die Aerial-Yoga-Flügelchen sich wieder in sich zurück ziehen, wollte ich meinen Mut-Ausbruch nutzen und jetzt kann ich nicht mehr zurück.
Ich war aber auch sehr ehrlich bei der Terminanfrage und habe kurz und knapp meine Unsicherheit geschildert. Ich fühle mich, so denke ich, gut bei ihr aufgehoben.
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Jetzt darf ich also diesen Donnerstag meinen Traum verwirklichen und es fühlt sich sehr gut an.
Seit ich bei meiner neuen Therapeutin in Therapie bin und das wird jetzt im Februar 1 Jahr, geht es so gut voran. Es macht ständig nur noch Plopp, Plopp, Plopp.
In dem Forum, wo ich mich regelmässig aufhalte, habe ich mich aus den Gewichts- Abnahme-Figurvergleichs-Threads komplett herausgenommen. Das bin ich nicht mehr, zum Glück. Aber es war wichtig zu der Zeit, das ich dort war. Es ist ansich nichts schlechtes daran. Diese Themen haben mir auch dabei geholfen, das ich Abstand dazu nehmen kann. All das war für viele Jahre so ein übergroßes Thema für mich, es hing wie das Schwert des Damokles über allem.
- Was wiegen die anderen?
- Welchen BMI haben die?
- Was ist deren Grenze, ab wann sie sich wieder dick fühlen?
- Wie essen die anderen?
- Was essen die anderen?
- Sündigen die anderen ebenfalls?
- Wieviel Stunden Sport machen die anderen?
- Welchen Sport machen die anderen?
Die anderen, die anderen, die anderen .... das sind Vergleiche die können nie gutgehen. Aber es ist gut, wenn man sie als das betrachten kann, was sie auch sein können. Ein Spiegel! Und zwar ein Spiegel, der dir dein eigenen Verhalten aufzeigt. Wenn du denkst, das ist aber krass, das würde ich nie tun .... dann wirf mal einen genaueren Blick drauf und münze es auf deine eigenen Krassheiten um, und dann merkst du, das du das Gleiche machst, nur eben etwas anders.
Seit ich das erkennen kann, ist das im Forum wie eine kleine Gruppentherapie für mich. Es zeigt mir genau auf, wo ich noch genauso schräg drauf bin und bei welchen Dingen ich schon einen sehr weiten Weg gegangen bin.
Mit meiner Liebe zum HulaHoop Reifen konnte auch ganz langsam die aufkeimende Liebe zum eigenen Körper reifen. Zu Beginn war der HulaHoop Reifen für mich als Werkzeug gedacht, um wieder etwas abzunehmen, während den Coronabeschränkungen nicht aus dem Leim zu gehen, ein paar Muskeln zu straffen. Die Reifen wurden zu Beginn schwerer, um Kalorien zu verbrennen, wie bescheuert. Von meinem schwersten Reifen habe ich mir dann ja auch eine Rippenfellentzündung eingehandelt. Noch bescheuerter.
Dann lief mir der DanceHoop über den Weg. MIt seinen gerade mal 800g Federleicht zu meinem schwersten, den Titan mit 3,1kg. Und eben mit jenem Federgewicht fing es langsam an, die Selbstliebe. Wenn mein Körper diesen federleichten Reifen über 15 Minuten ohne Probleme nach allen Seiten schwingen kann, sich mein Körper dabei sooooo unendlich gut anfühlt ..... wenn ich die Augen schliesse und dabei einfach nur Endorphine durch den Körper schiessen und dafür keine mind. 2kg mehr auf die Körpermitte prallen ..... dann ist das Selbstachtung - Selbstfürsorge - Selbstliebe.
Ich fühle mich noch immer nicht schön, aber ich fühle mich nicht mehr schrecklich. Ich bin im Stadium des "Anerkennens". Ich erkenne an, das das der Körper ist, den ich habe. Er hat Dellen, Falten, Speckröllchen, fühlt sich weich und sanft auf der Oberfläche an und hart wenn man etwas in die Haut drückt. Wenn ich die Treppen gehe, dann gehe ich sie aufrecht aus der Körpermitte heraus. Ja, ich habe einen aufrechteren Gang, seit ich den HulaHoop Reifen regelmässig hernehme und ich habe einen aufrechteren, stolzeren Gang innerlich.
Das merke ich auch in der Sauna. Wenn ich aus der Saune hüpfe, dann hüpfe ich nicht mehr schnell zum Handtuch. Dann gehe ich aufrecht und nackt die paar Meter zur Dusche, weil es das Selbstverständlichste ist. Ja, ich habe Dellen und das macht mir nicht mehr soviel aus. Ich weiß was mein Körper die letzten 40 Jahre für mich geleistet hat und er hat mich dabei nicht im Stick gelassen. Er war auf 98,8kg bei 154 cm und er hat die 48kg bei 154 cm ebenfalls mitgemacht. Er hat sich beklagt (Gelenkschmerzen, Bandscheibenvorfälle, extremes Frieren, Nährstoffmange) aber er hat nie einfach das Handtuch geworfen. Es ist einfach mitgegangen!
Dem zolle ich meinen Respekt. Und in dem ich nun über meinen Schatten springe, die Scham das ich beim Aerial Yoga wie ein Depp aussehen könnte, einfach mal stehen lasse .... in dem ich mir einen langehegten Wunschtraum erfülle, in dem Maße zolle ich ihm jetzt meinen Respekt.
Ich brauche keine 50kg um mich wohl zu fühlen. Ich brauche keine Waage .... ich fühle und spüre, wenn das Gewicht stimmig ist. Es ist das ganz normal schlanke, das mir am meisten Energie für den Tag lässt. Und es ist das normal schlanke, das mir auch die seelische Energie schenkt.
Ich will einen Körper den ich Lieben kann, mit Dellen, Falten und Speckröllchen. Die Art und Weise, wie man den Körper beim HulaHoop Reifen schwingt, die Art und Weise wie man den Körper beim Yoga dehnt und biegt .... das ist eine sehr achtsame, schöne und erotische Art und sie schenkt mir endlich auch etwas inneren Frieden und viel Selbstaktzeptanz!
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