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Warum zu einem vermeintlichen Scharlatan?

 

Deswegen - siehe Bild

 

Es spricht sich leicht von außen, wenn man nicht in den Schuhen anderer steckt.

 

Mich haben da einige Interessante Mails erreicht und da ging es auch das ein oder andere Mal stellenweise tief unter die Gürtellinie und mir wurde der Verstand abgesprochen. ;-)

 

Dafür habe ich inzwischen nur noch ein mildes Lächeln übrig und belasse es dabei.

 

Und dann gab es auch einige, die wirklich interessiert waren und warum ich das mache, wenn ich mir selbst nicht so sicher bin und mir auch nicht vorstellen kann, wie das wirken soll.

 

Genau deswegen.

Von außen denkt man vielleicht: hey, ist doch gar nicht so schlimm, sind sie halt ein wenig krumm. Richtig, das stört mich rein äußerlich auch gar nicht, weil es im Alltag beim Hinsehen auch nicht auffällt. Die meisten Menschen haben, wenn sie ihre Hände nicht gebrauchen, unbewusst leicht gekrümmte Finger, Richtung Faust geformt. Aber am wenigsten streng gerade ausgestreckt.

 

War mir vorher selbst nicht bewusst, habe ich in den letzten Monaten aber natürlich sehr bewusst wahrgenommen.

 

Und trotzdem ergeben sich mehr Probleme als man sieht. Ich war mir gar nicht gewahr, an wirklich wievielen Dingen meine Finger massgeblich beteiligt sind. Selbst wenn man denkt, dafür brauchst du doch in der Hauptsache die Füsse. Falsch!

 

Wenn wir wandern gehen, nehme ich immer meine Stöcke. Ohne Stöcke geht es sich für mich als kleiner Pimpf in den Bergen schwer bergauf, bergab. Manche Steigungen sind durch Steine so abrupt, das ich die Stöcke als Hilfsmittel brauche, sonst käme ich weder rauf noch runter. Da durch meinen Bandscheibenvorfall vor 7 Jahren meine äußere linke Fußkante taub geblieben ist, brauche ich die Stöcke nun beim Wandern umso mehr, um auf unebenen Gelände nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

 

Weil aber die Finger keine komplette Faust mehr machen können, kann ich den Stock nicht mehr fest und sicher greifen. Ich bin beim Wandern das letzte Mal auf einer zum Glück nicht so steilen Stelle im Schnee ausgerutscht und habe mich auf den Hosenboden gesetzt. Nix passiert, Glück gehabt. Aber vor dem Unfall hätte ich mich locker mit den Stöcken aufrecht gehalten und es wäre nur ein Wackler geworden.

 

Ist ja nix passiert, also warum das Drama? Auch wieder richtig. Aber da ich die Finger nun nicht mehr komplett ausstrecken kann und man sich ja automatisch mit den Händen auffängt, hat sich bei mir die Gefahr einer erneuten Luxation oder Sehnen-Bänderriss um ein Vielfaches erhöht. Die haben da einen Stopp drin und brechen eher wieder ab. So auch von mehreren Ärzten unabhängig voneinander bestätigt.

 

Gut, dann geh halt nicht mehr wandern. Jo, ich muss aber auch beim Fahrrad fahren den Lenker ordentlich greifen können. Und ich kann damit auch nicht mehr bremsen oder Gangschaltung bedienen. Der Bewegungsradius ist dafür schlicht und ergreifen zu klein.

Dann fahr halt nicht mehr Fahrrade, sondern mach einfach anderen Sport.

 

Muskeltraining zum Beispiel. ;-)  Gleiches Spiel, ich könnte nur noch Beine trainieren. Selbst bei Bauch und Rücken muss ich die Haltestangen mit den Händen mitführen. Ich kann aber nicht mehr komplett greifen und mir fehlt die Kraft. Die Arme kann ich damit leider überhaupt nicht mehr trainieren. Damit schliesst sich ann auch ein anderer Kreis. Weil ich die Finger nicht mehr richtig bewegen kann, kann die die Gewicht nicht voll greifen und kann keine anständige Armmuskulatur aufbauen. Die bräuchte ich aber im Umkehrschluss, um auch meinen minikleinen Fingermuskeln noch mehr aufzubauen. Hier drehe ich mich also im Kreis.

 

Ich kann also auch auf den Vibrationsboard alles unterhalb der Brust trainieren, aber drüber geht nicht, weil die Finger krumm und bewegungseingeschränkt sind.

 

HullaHoop: geht eingeschränkt, weil nur die Anfahrt und das Stoppen für die Finger gefährlich ist. Mache ich auch. DanceHoop geht überhaupt nicht mehr.

 

Yoga / Yogatuch: zu ziemlich vielen Anasas brauchst du deine Hände, entweder zum Greifen (Faust) oder zum Abstützten (platt ausgestreckt). Hm, dreimal dürft ihr raten. Ich mache immer noch Yoga, aber es fallen eine ganze Menge Übungen von vornherein flache. Es ist kein befriedigendes Yoga mehr und es ist auch kein forderndes Yoga mehr. Eher so was entspannentes und mir fehlt das schwitzen und anstrengen dabei schon arg.

 

Das ist mal so ein Anriss der sportlichen Seite.

 

Da wäre noch der Alltag:

 

  • Ich kann nicht mehr alle Dosen oder Flaschen öffnen. Selbst mit so einem Hilfsding geht es nicht immer. Den ist der Deckel zu klein, flutscht der Halter ja drüber. Ist der Deckel zu groß, bekomme ich meine Finger nicht mehr so weit gespannt, das ich überhaupt ansetzten könnte oder am Ende auch die Kraft dazu habe. Frust pur!
  • Schnippelarbeiten die mehr Zeit erfordern: die Finger verkrampfen und nicht alles kann man zu im Mixer schnippeln, weil es die frischen Lebensmittel eher masakriert, als ordentlich schneidet.
  • morgentliches Anziehen dauert deutlich länger, weil die Finger nach dem Aufstehen steif und unbeweglich sind. Der BH-Verschluss ist die größte Hürde. Egal ob ich in vorne oder hinten zumachen möchte. Ebenso Knöpfe oder Reißverschluss. Das Problem ist nicht der Vorgang selbst, sondern das ich das Kleinzeugs erst mal in einen sicheren Griff bekomme und dann noch während des Vorgangs auch Halten kann.
  • Volles Glas: unsicher in der Hand, weil der Griff oft nicht fest genug ist

Das sind es nur ein paar kleine Beispiele, die mir spontan eingefallen sind. Im Alltag begnen mir da noch viel mehr, aber das wäre müssig und langweilig sie alle aufzuzählen.

 

Mir fehlt der Sport, die Finger erschweren den nötigen Muskelaufbau, den ich aber gleichzeitig bräuchte.

Neben dem ausgleichenden Effekt, den der Sport für mich hat (wichtig bei meiner Essstörung) ist es natürlich auch der Aspekt des leichteren Gewicht Haltens. Ich bin ewiglich dankbar, das sich meine Gewichtszunahme in den letzten 10 Monaten aber auch schon sowas von in Grenzen hält. Ich ziehe immer noch die gleichen Jeans in 38 an. Waren sie vorher locker, so sitzen sie jetzt halt knackiger. Aber nicht so knackig, das es unbequem ist. Vorher musste ich halt immer wieder mal hochziehen, weil sie etwas gerutscht sind. Jetzt bleiben sie an Ort und Stelle. Das Erleichtert, weil so einen Abnahme- oder Diätkram könnte ich jetzt überhaupt nicht auch noch an meiner Backe haben.

 

Diesen Mittwoch habe ich erneut einen Termin im Krankenhaus. Es wird die Athrolyse besprochen, die man dann hoffentlich irgendwann im Spätfrühling, frühen Sommer angehen kann.

 

Ich hole fleissig meine Therapierezepte ab und gehe weiterhin seit Mai 2022 vier mal die Woche zu drei verschiedenen Therapeuten, die alle was anderes mit meinen Fingern machen. Aber als Kombination gesehen einfach richtig gut sind. Ich bin weiter gekommen, als mein erster Arzt mir im letzten Sommer überhaupt zugetraut hat. Den Ergotherapeuten und Physiotherpeuten habe ich jeweils einmal gewechsel. Ständig hatte ich dort andere Therapeuten, die es leider nicht für nötig hielten, sich gegenseitig entweder eine Übergabe zu machen oder sich meine Fortschritte selbst kurz vor der Behandlung durchzulesen. Durch das ständige Wiederholen meine Geschichte ging oft die Hälfte der Therapiezeit für´s unnötige Erklären drauf. Das ist Unsinn und Uneffizient und kann ich nicht gebrauchen.

 

Bei einem Unfall meiner Kategorie zählt jede Therapieminute. Haben sie mir selbst mit großen Worten erklärt aber nicht umgesetzt.

 

Die Schulmedizin und Therapien sind und bleiben ein fester Bestandteil. Jetzt wird einfach über den Tellerrand geguckt. Warum. Weil ich weiß das ich schon jetzt nie so weit gekommen wäre, wenn ich nicht mental mitgearbeitet hätte. Ich habe mir Nacht für Nacht kleine Helferzellen in meinen Fingern vorgestellt, bis es gekrippelt hat. Mit der reelen Spiegeltherapie wird dein Hirn ebenfalls überlistet, weil es ihm vorgegaukelt wird, das beide Hände jede Bewegung zu 100 % korrekt ausführen, auch wenn das hinter dem Spiegl nicht so ist. Die entsprechenden Hirnareale bleiben damit erhalten.

 

Jetzt kommt halt der Aurachirurge dazu. Selbst wenn es körperlich nicht den Wusch gibt (wobei ich soviel Baustellen habe, eine davon wird danach garantiert weg sein -- Bandscheibe, taube Fusssohle, Intimes, rechtes Schultergelenk, Depression ......) der Psyche und Motivation wird es defintiv helfen. Und ohne meine mentale Kraft geht hier überhaupt nichts mehr.

 

Schulmedizinisch ist die Streckung und Beuge nach der Athrolyse ausgereizt. Dann haben wir alles ausgeschöpft was geht. Nach der OP sind wieder die Handtherapeuten gefragt und meine mentale Verfassung. Und genau darum gehe ich hin und bereite mich vor. Es gibt überhaupt nichts zu verlieren, es wird nicht schlimmer werden (was bei einer körperlichen OP die Gefahr ist) und ich kann am Ende nur Gewinnen.

 

Das einzige was ich nicht weiß ist: wie hoch mein Gewinn sein wird. Das ist aber auch schon die einzige Unbekannte. Ich habe schon weitaus mehr in meinem Leben riskiert, von daher sehe ich das sehr gelassen und freue mich auf meinen Termin am 01. MÄrz.

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