9. Juli 2018
Ich bin immer noch ganz überrascht was sich seit meiner Erkenntnis, das meine Seele stopft, so alles getan hat.
Klar habe ich Rückfälle! Die einen sind nur ein paar Tage, die anderen schon mal länger. Mal mehr, mal weniger heftig. Aber wenn man es im Durchschnitt sieht, dann komme ich endlich immer mehr ins Lot.
Es gibt Tage, da giert es mich mächtig nach Süßigkeiten und ich bin nicht aufzuhalten. Aber diese Gieranfälle werden ganz langsam weniger. Oft finde ich Obst einfach leckerer und brauche keinen künstlichen Zucker mehr.
Nebenbei versuche ich auch meine Portionen wieder etwas ins Gleichgewicht zu bringen. Mir ist aufgefallen, das ich am Ende immer über meinen eigentlichen Hunger hinaus gegessen. Er einmal habe ich es registriert, das ist gut für den Anfang. Jetzt nur nichts wieder erzwingen, sondern in den Flow kommen. Ab und zu darauf achten und ganz, ganz langsam komme ich auch dort wieder zu meinem Ziel.
Gestern war zum Beispiel ein Tag, der hat mich früher immer total aus dem Konzept gebracht. War ich nicht auf Diät, war es eh scheißegal.
War ich auf Diät, fand ich Einladung extrem Scheiße. Werfen die doch einfach meinen schönen Diätplan um ....grrrrr.
Gestern war es dann so (waren auf gleich 2 Feiern)
Frühstück:
1 Eiweißriegel
Mittags:
1 kl. Kartoffelkloß und Rotkohl mit Soße
2 kl. Kugeln Eis ohne Drumherum
Nachmittags und Abends:
1 viertel Stück Gugelhupf
1 dünne Scheibe Kastenkuchen
(viel Trampolin hüfpen mit den Kids)
1 halbe Scheibe Brot mit Belag
Nachts:
eine handvoll frischer Kirschen
Ich habe mir alles auf den Teller gelegt, wozu ich Lust hatte und habe automatisch darauf geachtet, das ich nicht zuviel gegessen habe.
Das sind so ganz tolle Tage für mich. Nicht gehungert, nach Lust gegessen und nicht im Koma, weil überessen.
23. Mai 2018
Habe heute meine Leihtochter zur Fahrprüfung mit begleitet. Während sie fuhr, habe ich den Einkauf erledigt. Im Laden bin ich noch gut an alle Süßigkeiten vorbei, aber an der Kasse bin ich dann eingeknickt. Es sind zwei Tom's Riegel geworden. Nüsse und Zucker pur.
Ich habe sie Beide binnen kurzer Zeit gegessen. Leider - den ich habe es nicht achtsam genossen.
Froh bin ich allerdings, das ich dem Blaubeerpfannenkuchen zu Hause aus dem Weg gehen konnte.
Die Anspannung war in dem Moment des Wartens so groß und ich musste was tun. Lesen ging nicht, weil ich mich nicht konzentrieren konnte. Auf dem Handy surfen konnte mich auch nicht ablenken.
Ich könnte auch jetzt gerade ohne Hunger essen, weil es mich einfach ruft. Aber das ist nicht die Antwort. Ich bin nicht hungrig, sondern ich bin müde. Und genau das werde ich jetzt auch machen. Mich schlafen legen.
Was ich mit der Erkenntnis von Gestern anfangen soll, das weiß ich noch nicht. Ich weiß einfach immer noch nicht, wie ich dann aufhören soll mit dem Naschen. Es einfach nicht zu Tun wäre eine Lösung, aber das habe ich schon so oft hinter mir und bin immer wieder zurück gefallen. Ich suche noch nach dem richtigen Weg, den es mir einfach zu verbieten hat die letzten 30 Jahre auch nicht geholfen.
22. Mai 2018
Inzwischen habe ich für mich entdeckt, das ich bestimmten Nahrungsmitteln eine spezielle Funktion zugewiesen habe.
Schokolade ist für mich zum Beispiel mit "Belohnung" fürs artig sein verknüpft.
Als Kleinkind durfte ich immer zwischen Schokolade und einem 2 DM Stück wählen, wenn ich brav im Bett blieb, während meine Oma Sonntags in die Kirche ging. Ich habe mich immer für die Schokolade in der lila Verpackung entschieden. Und ich war natürlich, so weit ich mich erinnern kann, immer schön brav im Bett. Auch als ich das Eine mal eigentlich auf die Toilette musste. ;-)
Und die Schwiegermutter meiner Tante hat uns als kleine Kinder auch immer mit diesen Schokopuffreis von Nippons belohnt, wenn wir beim Besuch der Tante keinen großen Krach gemacht haben.
Mal sehen, ob mich das weiterbringt, jetzt wo ich weiß, was Schokolade für eine Funktion in meinem Leben hat.
Süßkram und Essen ohne Hunger, das sind meine beiden Ersatzbefriedigungen. Komischerweise habe ich das salzige Knabbern irgendwann von alleine abgestellt. Ich persönlich kaufe mir überhaupt nichts mehr zum knabbern, weil mir das gar nicht in den Sinn kommen würde. Wenn wir eingeladen sind, lange ich natürlich überdurchschnittlich zu. Das löst aber jetzt kein Suchtgefühl in mir aus, das ich jetzt los stürme und mich zu Hause auch mit Knabbersachen versorge.
Ansonsten habe ich keinen besonders ausgeprägten Drang, nach anderen Lebensmitteln. Eben Schokolade und Zuckernaschwerk. Aber das reicht mir auch schon, hat ja genug Schaden bei mir angerichtet.
12. April 2018
Es vergeht gerade kein Tag ohne das ich etwas Süßes esse. Gestern also die ganze Tüte mit den Vanille-Merengue.
Es fällt mir extrem schwer, nicht auf mich sauer zu sein. Manchmal sage ich innerlich ja Dinge zu mir, die würde ich meiner besten Freundin nie antun, weil sie verletztend sind. Warum ich allerdings selbst so verletzten mit mir spreche - es ist und bleibt ein Rätsel.
Ich habe mir gestern dann immer wieder gesagt: das ist ok, du scheinst das gerade für irgendetwas zu brauchen. Du musst deswegen KEIN schlechtes Gewissen habe. Und ich habe versucht auszuloten, warum ich das unbedingt haben musste.
Ich glaube, gestern war das einfach zuviel Stress für mich. Zurückblickend fällt mir auf, das ich gerade an Tagen wo ich Vormittags 4 oder noch mehr Geschäfte für den täglichen Einkauf durchacker muss, für Süßigkeiten sehr empfänglich bin.
Ich versuche daher, das ich Pausen einbaue oder mir gleich nach dem Einkauf anderweitige Belohnung verspreche. Eine Belohnung, wo ich danach kein schlechtes Gewissen habe. Den im Grunde genommen ist so eine vermeintliche Belohnung ja dann keine wirkliche Belohnung mehr.
Ich tue mich halt schwer, das ich an die Hintergründe meiner Essanfälle ohne Hunger komme. Und es muss vor allem auch nichts Süßes sein. Ich kann mir auch einfach eine Stulle schmieren und Essen, bis irgendein innerlicher Druck von mir abfällt. Ist der innere Druck dann aber vorbei, kann ich mir die tollste Schokolade vorstellen, sie macht mich nicht an und ich habe kein Bedürfniss danach.
Diese Selbstgespräch, also diese bewussten Selbstgespräche .... ehrlich, ich komm mir leicht schizophren vor. Damit ich mir jetzt nicht total bescheuert vorkommen, habe ich meinen virtuellen Gesprächspartner einfach einen Namen gegeben. Einen Namen aus meiner Kindheit, an den ich mich sehr, sehr gerne erinnere - Knöpfchen.
Wenn´s weniger schizophren macht ..... scheiß drauf.
Ich habe also die Reste vom Glas schon sauber herausgelöffelt. Geniessen? Nein, das war es eher nicht. Aber der Druck es auslöffeln zu müssen, der ist nun vorbei.
Zwiegespräch mit mir:
RATIO:
Warum brauchst du jetzt die Nutella, obwohl du doch keinen Hunger hast?
SEELE:
keine Antwort
RATIO:
Bitte verrate mir den Grund. Ich will doch einfach nur wissen, warum? Du bekommst danach deine Nutella, den anscheinend hilft sie dir gerade. Aber bitte, bitte sag mir warum.
Ich mache meine Augen zu und versuche mich mit geschlossenen Augen wie aus der Vogelperspektive zu beobachten. Wie lieg ich da im Bett? Wie sehe ich wohl für jemanden anderen gerade aus?
SEELE:
Und dann werden meine Augen feucht. Eine unglaubliche Traurigkeit kommt über mich.
RATIO:
Was macht dich den so traurig, willst du mir das verraten?
SEELE:
Ich kann die Antwort nicht hören, nicht fassen, nicht wahrnehmen. Den Hintergrund für meine Traurigkeit. Aber es stellt sich eine leichte Erleichterung ein.
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Es fühlt sich komisch an, so mit sich selbst im Gedanken zu sprechen. Ich versuche gerade nicht sauer oder enttäuscht von mir zu sein, weil ich das Glas ausgelöffelt habe. Zum Glück waren es nur 4 Teelöffel voll, die noch da waren.
Ich weiß nicht, ob solche Zwiegespräche vor oder nach so einem Essanfall etwas bringen. Aber ich will mich diese Woche so oft es geht, daran erinnern. Ich will einfach Wissen, was mich traurig macht, so das nur noch Essen die Traurigkeit betäubt.