Woche 2

Freitag, 18.01.2019

HIOBSBOTSCHAFT UND KLEINE ERFOLGE

Liveaufnahme ;-) um 22:00 Uhr
Liveaufnahme ;-) um 22:00 Uhr

Heute musste ich einen großen Brocken verdauen. Hat ganz gut geklappt und aus erster Enttäuschung und Wut wurde Motivation und Stärke.

 

Bei der Facharztvisite habe ich heute kurz vor dem Mittagessen erfahren, das mein Aufenthalt als Diagnostikaufenthalt zählt und ich insgesamt nur 4 Wochen bleibe. In diesen 4 Wochen versucht man hier mein Krankheitsbild genauer unter die Lupe zu nehmen und zu besprechen, ob sie eine Therapie haben, mit denen sie mir helfen können. Es kann also auch sein, das sie sagen, das die Zeit noch nicht reif ist oder ich mit einer anderen Therapie besser beraten bin. AUCH wenn sie hier auf Essstörungen spezialisiert sind.

 

Mein Schlauchmagen und der erneute Antrag der Erwerbsminderungsrente im März spielen anscheinend eine große Rolle dabei. Den es kann sein, das mein Unterbewusstsein gar nicht gesund werden möchte, wenn ich noch in Therapie bin, weil ich ja die Rente will. Und in Therapiekliniken arbeiten sie so, das eine Wiederherstellung der Gesundheit für den Arbeitsmarkt das Ziel ist.

 

Und Schlauchmagen heißt hier, das ich auf 6 Mahlzeiten verteilt esse und die Mitpatienten evlt. damit Schwierigkeiten haben, weil ich weniger essen kann, als sie müssen. Das kann ich gut verstehen. Ich habe auch einige Mitpatienten gefragt und sie haben gemeint, das es für sie eine gute Alltagserprobung ist, weil es immer Menschen geben wird, die weniger essen als sie selbst.

 

Mir hat es im ersten Moment den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe mich meiner kleinen Gemeinschaft hier anvertraut und bin auch noch einmal spontan zu  meiner Bezugstherapeutin gegangen. Vor den Abendessen habe ich mich auch noch einmal bei einer Co-Therapeutin ausgeweint.

 

Was, wenn ich nicht mehr zurück darf? Was, wenn ich vorher noch einmal meine Depression behandeln lassen soll? Wo doch die Tagespsychiatrie gemeint hat, das meine Essstörung gerade so im Vordergrund ist, das eine weitere Behandlung der Depression nicht durchgeführt werden kann. Auch hier haben sie in einem Test festgestellt, das ich eine schwere Depression habe.

 

Meine abwechselnden euphorischen und depressiven Phasen sind schon zum Alltag geworden und gehören irgendwie zu mir. Ich nehme das nicht mehr ganz so schlimm wahr. Stören tun mich nur die Tage, an denen mir auch die körperliche Kraft fehlt. Durch die Depressionsphasen komme ich zwar schwer, aber irgendwie überstehe ich sie immer.

 

Ich hatte echt Angst, das man mich vor die Türe wirft und mich selbst überläßt mit meiner Krankheit. Am Dienstag kommt mein Schatz, er hat ein Gespräch mit mir und meiner Therapeutin. Sie wollen mehr über meine Essstörung erfahren und wie sie mein Mann im Alltag bei mir wahr nimmt, wenn er mit mir zusammen ist. Ein gutes Zeichen, das sie mir am Ende doch helfen können.

 

Seit heute Abend macht sich nun in mir das Gefühl breit: "Alles wird gut mein Schatz"

Das ist gut, den mein Bauchgefühl lässt mich nur selten im Stich. Und alles hat auch seinen Sinn, vielleicht bin ich unbewusst doch noch nicht so weit und sehe es nur nicht. Vielleicht sehen die viel tiefer in mein rein, als ich es wirklich wahrnehme. Ergo weiß ich auch: "Alles wird gut. Hier wird mir wirklich geholfen!"

 

 

Hier ein wenig aus der Praxis

 

Jeden Freitag stellt jeder in der Gruppe seine Wochenziele vor. Wochenziele müssen hier gut machbar sein, aber immer eine Angstgrenze überschreiten. Es muss nichts mit Essen ansich zu tun haben, den auch andere Dinge können einen schwer fallen. Es geht im allgemeinen darum, das wir lernen, unsere Angstgrenzen langsam zu erweitern. Die neuen Wochenziele sind von Freitag - Donnerstag.

 

  • an 3 von 7 Tagen (3/7) auf einem Brot ein doppelter Belag.
    Ziel: Das ich mehr Gelassenheit beim Essen entwickle
  • an 3/7 Tagen sehr bewusst Mittagessen (Geschmack, Konsistenz, Geruch)
    Ziel: lernen wie das essen schmeckt, und achstam werden, damit ich irgendwann Hunger und Satt unterscheiden kann
  • an 3/7 Tagen vor dem Abendessen eine kurze Meditation einplanen
    Ziel: damit ich mehr Gelassenheit und Achtsamkeit beim Essen erlerne und Anspannung abbaue
  • Telefongespräch mit Mama und Telefongespräch mit Papa planen und in Ruhe mit ihnen sprechen
    Ziel: hier habe ich das Gefühl, das ich nicht allen meinen Familienmitgliedern gerecht werde. Geplante Zeiten helfen mir dabei, das ich beim telefonieren entspannter bin und mich auf die Gespräche einlassen kann

 

Habe ich alle Ziele erfüllt, belohne ich mich mit einem Besuch in der Therme, auf die ich von meinem Zimmer aus Blicken kann.

 

 

Im allgemeinen gibt mir die Klinik inzwischen eine feste Struktur, welche ich sehr gut finde. Ich habe fest geplante regelmässige Mahlzeiten zu immer der gleichen Uhrzeit. Ich wähle jeden Donnerstag oder Freitag meine Gerichte und Brötchen für die kommende Woche aus. Daher muss ich mir nie Gedanken darum machen, was ich Koche und verfalle somit seltener in einen Essanfall. Wobei, hier hatte ich noch keinen einzigen Essanfall.

 

Die Regeln sind für mich ein sehr guter Korridor und es fällt mir leichter, mich daran zu halten. Ich habe natürlich schwierige Zeiten und würde am liebsten zu Schokolade und Co. greifen. Es gibt sie hier im Haus auch zu kaufen oder im Laden. Solche Dinge verlocken mich schon. Und gerade wenn ich sehr lange auf bin, kommt auch so ein kleiner, flauer Hunger. Aber ich will mich an die Regeln halten, weil ich lernen will, meine Emotionen anders abzubauen.

 

Was ich jetzt schon weiß ist, das ich meinen Tagesstruktur, was meine Mahlzeiten anbelangt, zu Hause auch machen werde. Hier nehme ich mir für den Anfang 4/7 Tagen vor, damit ich nicht aufgebe, wenn ich einen Rückfall habe. 4 von 7 Tagen denke ich,sind gut machbar. Ich habe bisher gelernt, das man die Ziele nicht so hoch legen soll, damit einen die Essstörung im Hintergrund nicht einredet: wußte doch, das ist nichts für uns Beide.

 

Ja, wir reden hier in der Klinik von der Essstörung in der Dritten Person. Die Essstörung ist ein Teil von mir und aber sie ist nicht ICH. Sie ist ein Anteil und den lerne ich hier in die Schranken zu weisen.

Auch arbeiten manche der Mitpatienten mit Symbolen. Zum Beispiel ist für sie die Essstörung das Krümelmonster und die Depression ein kleine Katzenbaby. Die Essstörung ist vorlaut, die Depression ist ängstlich und braucht Trost. Und je nachdem, wer gerade die Kontrolle über das Unterbewusstsein haben möchte, mit dem tritte man gedanklich in ein Gespräch. So ganz nach dem Motto:

Ja, ja Krümelmonster (ES) ich habe dich gehört. Aber ehrlich gesagt gehst du mir auf den Zeiger, also schleich dich um die Ecke.

 

Ich denke, das ist eine Methode, die möchte ich auf alle Fälle bei mir ausprobieren. Ich werde mir dieses Wochenende darüber Gedanken machen, welche beiden Symbole ich bei mir einsetzen möchte.

 

Dann mache ich gerade auch noch die Erfahrung, das mir eine Affirmation vor dem Essen grundsätzlich hilft. Also hier ist es ja so, das wir vor jeder Mahlzeit vorher noch einmal in Ruhe tief Luft holen, damit die Anspannung etwas herunter geht. Ich habe mir im Laufe der letzten Tage angewöhnt, das ich mir im Kopf jedes Mal sage: "In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist" Der Satz spricht mich an und gibt mir Grundsicherheit. Außerdem schaue ich auf den Rücken meines Namensschildes am Tisch. Dort habe ich mir aufgeschrieben, für wenn oder was ich mir ein gesundes Essverhalten erarbeite:

 

  • für gesunde Gelenke
  • für meine Familie
  • für meinen Schatz
  • für mich
  • für meine Katzen

Wen ich Gesund bin, habe ich wieder ein Stück Selbstfürsorge und Achtsamkeit gegenüber mir selbst erarbeitet. Ich werde mich dann auch einer weiteren Angst stellen, nämlich dem Hochseilgarten. Den wenn ich an der ES arbeite, was ist dann schon ein Hochseilgarten. Ich habe ja dann eine Menge gemeister, dann meistere ich nach und nach auch meine anderen Ängste. Ich erweitere mein Leben somit Stück um Stück und füge ihm neue Facetten hinzu.

 

Hier werde ich nun auch daran erinnert, gerade in meinen euphorischen Zeiten achtsamer mit meinem Körper umzugehen. Ich versuche mich so oft es geht, daran zu erinnern, dann meine Schritte langsamer zu setzen. Meine Redegeschwindigkeit herunter zu schrauben, so das ich nicht nach drei Tagen Euphorie körperlich komplett platt bin. Ich übe mich also "in meiner Mitte" und nicht in meinen gelebten Extremen.

 

Eines hat die Klinik bei mir auf alle Fälle schon erreicht. Ich bekomme einen wirklich dicken Hals, wenn ich auf jedem zweiten Couver dick und fett Diätversprechen lese. Mich persönlich haben sie immer weiter in ein gestörtes und restriktives Essverhalten geführt. Und auch meinen inneren Kritiker haben sie gestärkt. Den jedes Mal, wenn ich mich nicht an den Diätplan gehalten habe, habe ich mich innerlich selbst dafür beschimpft. Mit meiner besten Freundin würde ich nie so umgehen. Ich würde sie trösten, würde ihr sagen, das das überhaupt kein Beinbruch ist. Das es normal ist und nicht jeder Tag perfekt ist. Das man nicht von Heute auf Morgen lernt, mit seinen Gefühlen, Bedürfnissen und Emotionen umzugehen.

 

Ich weiß schon was gesunde Ernährung ist und das sie abwechslungsreich gestaltet sein soll. Ich erkenne nur nicht, wie ich mit meinen Bedürfnissen umgehen kann. Zumal ich meine Bedürfnisse oft gar nicht erkenne, selbst wenn ich angestrengt darüber nachdenke.

 

Ich weiß nur Ansatzweise was eine Rolle spielt. Aber bei einer ES können soviel Ursachen sein, die oftmals schon in der Kindheit ihren Ursprung haben. Es können Erlebnisse, Traumatas sein oder eine Kleinigkeit, die dich aus der Bahn wirft. Schlimm ist es, das wenn die ES die Klauen um dich legt, die "meisten (nicht alle!)" sich selbst mit großer Anstrengung nicht ohne Hilfe von ihr befreien können.

 

So, das lag mir heute alles auf dem Herzen. Es tut gut, das ich es mir von meiner Seele schreiben konnte. Ich werde gleich etwas meditieren, damit meine Anspannung nachlässt und mein Geist etwas runterfährt.

 

Ich bin glaube ich, auch deswegen so aufgeregt, weil ich morgen Probeweise für 2 Stunden alleine außer Haus darf. Ich freue mich so sehr auf den kleinen Buchladen. Das ist für mich diese Woche die allerschönste Belohnung. Da kann kein noch so toller, teurer Nagellack mit halten. (Das ist meine Belohnung für letzte Woche, weil ich alle Wochenziele eingehalten habe)


Donnerstag, 17.01.2019

 

Therapien laufen gut und ich fühle mich mit jedem Tag wohler und kann mich noch tiefer darauf einlassen. Einzig das meine Mahlzeiten auf 6 mal verteilt sind, macht es mir etwas schwierig. Ich würde gerne raus gehen, aber zwischen all den Mahlzeiten, Therapien und Achtsamkeitszeiten bleibt wenig Zeit dazu.

 

Und das ich im Augenblick auch nur 1 Stunde und in Begleitung von Mitpatienten raus darf, erschwert es mir zusätzlich. Den jeder hat einen anderen, eng getakteten Tagesablauf und wir müssen gemeinsame Zeit zum Ausgehen finden. Hinzu kommt, das man sich einige muss, welches Ziel man anlaufen will, weil eine Stunde ansich schon knapp bemessen ist.

 

Für mich ist es wichtig, das ich auch ohne Begleitung gehen kann, wenn ich das brauche, weil es mir gut tut. Und eine Stunde ist dann auch sehr knapp, weil Hin- und Rückweg schon über 30 Minuten in Anspruch nehmen. Es bleibt kaum Zeit, in Ruhe zu stöbern und sich Kraft dabei zu holen.

 

Bisher habe ich noch niemanden gefunden, der mit mir den kleinen Buchladen inspizieren möchte. Die meisten wollen doch in die Drogerien oder Tedi und Co. um sich mit Bastelbedarf einzudecken. Und ich würde gerne alleine mal eine Stunde für mich im Buchladen stöbern. Bücher berühren, ansehen, riechen, stöbern, reinlesen und dabei meine Kraftreserven auftanken.

 

Also habe ich das Heute in dem kurzen Einzelgespräch angesprochen. Ich bekomme nun Probeweise diesen Samstag 2 Stunden freien Ausgang ohne Mitpatientin. Zeit für mich, wo ich mich in aller Ruhe erholen kann, von all den Therapien und Gesprächen.

 

Heute habe ich in meinen therapiefreien Zeiten die Co-Therapeuten aufgesucht. Dort gibt es ein Zimmer mit Sitz- und Liegemöglichkeit und man ist alleine ohne Mitpatienten. Man kann Gespräche mit den Co-Therapeuten suchen oder sich einfach nur alleine ein wenig regenerieren. Den selbst in meinem Patientenzimmer ist das nicht wirklich möglich. Dauernd klappern Türen, hört man Stimmengewirr und das Wichtigste: man ist immer noch der Klinik, also meinem derzeitigen Arbeitsplatz.

 

Es hat gut getan, das ich mein Bedürfnis so gut benennen konnte und ich mich nun auf Probe austesten darf. Wenn das am Samstag klappt, dann steht einem zweistündigen Ausgang ohne Begleitung pro Tag nichts mehr im Wege.

 

Natürlich werde ich meist mit meinen Mitkämpferinnen gehen, weil es in den guten Zeiten einfach echt viel Spaß macht. Aber ich kann, wenn ich es brauche, dann auch für mich raus in die Natur oder den Buchladen. Und da ich ab nächste Woche sogar das Auto habe, erweitert sich daher mein Aktionsradius und ich werde nicht ständig nach meinem nicht vorhandenen Bewegungsdrang gefragt.

 

Ach ja, das Zimmer hier empfinde ich auch deshalb nicht als Erholungsraum, weil aus Gründen der Selbstschutzsicherheit für uns essgestörte Patienten auch regelmässige, nicht angekündigte Zimmerkontrollen stattfinden. Zwar bin ich dann dabei, aber ich empfinde es trotzdem als "ein mich nackt und schutzloses Ausliefern". Hier ist der Raum zum schlafen, meine Hausaufgaben zu machen und mich zu beschäftigen. Hier ist nicht mein sicherer Ruhehafen um Kraft zu tanken.

 

 


Dienstag, 15.01.2019

 

Mit jeder Therapie wird mir immer mehr bewusst, warum ich von alleine nicht aus meiner Esstörung ausbrechen kann. Im Alltag komme ich einfach nicht auf die Idee, Handlungen oder Gedanken zu hinterfragen. Und wenn ich hinterfrage, denke ich eigentlich das ich die Antwort schon habe. Hier bohren die Therapeuten bei mir nach ohne Ende. Da wird die Antwort auf die Hinterfragung oft 3 oder 3 mal neu hinterfragt. Sie decken Schicht für Schicht auf, um an die wahren Gedanken und Gefühle zu kommen, warum ich manche Handlungen mache.

 

Das geschieht regelmäßig in den Einzel, wie auch in den Gruppentherapien. Natürlich sitze ich immer mit den gleichen Frauen in der Gruppentherapie, und trotzdem kostet es jede Menge Überwindung, sein ureigenes Problem gemeinsam mit der Gruppe zu bearbeiten.

 

Dann ist mir Heute auch sehr gut aufgefallen, wenn andere Frauen ihr aktuelles Thema einbringen, das es in mir auch sehr viel auslöst.

 

So Heute geschehen. Wir sollten zu zweit jeweils eine schwierige Situation gemeinsam erarbeiten und eine Strategie finden. Ich konnte ihr nicht helfen, weil ich selbst plötzlich in der Situation gefangen war.  Es ging um Ihre Angst zuzunehmen und was bei ihr wirklich dahinter steckt. Sie sollte erfahren, das ihre Ängste in der intensiven Form nicht real sind.

 

Bei mir lief gleichzeitig ein anderer Film ab. Denn ich habe ja sehr große Angst wieder zuzunehmen. Es kamen Situationen in mir hoch, warum ich meinen aktuellen Körper nicht aktzeptieren will. Also, warum meine Seele es halt nicht aktzeptieren will, mein Kopf ist da ja differenzierter.

 

Ich war und bin immer stolz auf mein tolles Dekolleté. Ich trage gerne tiefere Ausschnitte und kokettiere damit. Gleichzeitig ekelt es mich vor meinen Brüsten, wenn ich sie nackt sehe. Ich habe mich die letzten Tage immer gefragt warum das so ist.

 

Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, das sich in jüngeren Jahren ein Kollege anzüglich über meine Brüste geäußert hat und sie als Melkmaschinen bezeichnet hat. Im Außen habe ich darüber gelacht, aber es hat mich verunsichert und ich habe mich für meine Brüste geschämt. Ein andere Kollege hat immer mit meinen Brüsten gesprochen und konnte den Blick davon nicht abwenden. Ich erlebe es auch, das ich öfters auf meine großen Brüste angesprochen werde. Das ist mir dann peinlich.

 

In jungen Jahren hat ein Onkel auch mal scherzhaft gesagt: bevor ich durch die Türe kommen, kommen erst meine Brüste durch die Türe. Da war ich gerade mal in der Pupertät und peinlich berührt. Am liebsten hätte ich mich in eine Ecke verkrochen.

 

Es ist toll, wenn mein Schatz meine Brüste mag und ich setzte sie bei ihm und für ihn gerne mal ins rechte Licht. Zu ihm habe ich vertrauen.

 

Ich habe heute festgestellt, das ich oft auch von der Annahme ausgehe, das mir viele Männer intensiv auf meinen Busen starren. Es löst in mir Schamgefühle aus und ich fühle mich dann sofort unwohl damit. Ich habe dann auch Angst das Männer dabei sexuelle Phantasien bekommen und das hinterlässt ein benutztes und schmutziges Gefühl. Nackt sehen meine Brüste immer so aus, als würden sie in einen Porno gehören und dann ekeln mich meine Brüste auch oft.

 

Es gibt soviel, was ich an meinem Körper nicht mag und ich habe das bisher nie hinterfragt. Wenn meine Therapeutin hier lesen würde, würde sie mich sovieles Hinterfragen, auf das ich jetzt überhaupt nicht komme. Ich will das Thema auf alle Fälle in der Tiefe mit ihr angehen.

 

Und gleichzeitig merke ich auch, wie schlimm so achtlose Sätze sein können. Ich frage mich gerade, wie viele Narben ich anderen Menschen mit meiner stürmischen Art unwissend zugefügt habe. Ich will wohlwollender mit mir und anderen Menschen umgehen lernen.

 

Meine erste Strategie ist: Was würde ich in dieser Situation meiner besten Freundin sagen oder raten.

Denn wenn es meiner besten Freundin schlecht geht, weil sie in ihren eigenen Augen gerade Mist gebaut hat, dann tröste ich sie und versuche es auf eine realistische Ebene zu ziehen.

Wenn ich in meinen Augen einen Fehler begangen habe, bestrafe ich mich dafür. Und dann geht es mir noch schlechter. Ich habe bisher falsch gehandelt und mich selbst viel so oft verletzt und viel zu kritisch gesehen.


Montag, 14.01.2019

 

Das Wochenende war leichter, als ich es mir vorgestellt habe. Inzwischen habe ich auch zu einigen Frauen einen guten Kontakt aufgebaut und wir können uns über privates Unterhalten. Mein Schatz war mich gestern auch besuchen, das hat mir extra gut getan.

 

Die ersten 5 Tage habe ich ja immer in 100 gr. Schritten abgenommen. Seit 4 Tagen sind es aber mal 100 gr. mehr oder weniger. Ich bin versucht dagegen zu regulieren, weil ich eine irrsinnige Angst verspühre, das mein Gewicht schon seinen SET-Point gefunden hat, mit dem sie hier arbeiten. 67,3 kg und 67,4 kg sind für mich inzwischen Zahlen, die mit einer großen Angst verbunden ist.

 

Erste Einsparungsgedanken und ein Bewegungsdrang stellen sich ein. Ich bin versucht, das ich meinen Saft aus der Saftschorle nehme und nur noch Wasser trinke. An Essen kann ich hier ja nicht sparen, ich esse unter Aufsicht. Ich habe mich nun schon den dritten Morgen erfolgreich gegen diese gedankliche Einsparungsmaßnahme gewehrt. Mir fällt das ziemlich schwer und ich versuche mich so gut es geht abzulenken.

 

Durch dieses standhafte Gewicht erhöht sich nun gleichzeitig mein Bewegungsdrang. Ich möchte gerne vermehrt Treppen steigen und möglichst für jede Sache einzeln gehen. Auch hier fällt es mir schwer, das eben nicht zu machen.

 

Im Gedanken bin ich schon zu Hause und überlege mir, das ich vielleicht eine Kartoffel durch etwas Salat ersetzten kann oder als Zwischenmahlzeit am Nachmittag nicht unbedingt Kuchen, sondern normalen Jogurt oder ein Stück Obst wählen sollte.

 

Genau diesen Reaktionen kann ich hier entgegensteuern, dank der Mitpatienten und dem ganzen Therapeuten-Team.

 

Ich bin nun auch gespannt, ob ich mir hier genügend Skills aneigenen kann um zu Hause dann nicht in genau solche Muster zu fallen.

 

Was mir bisher dieses Mal erstaunlich leicht fällt, ist das trinken von Wasser. Soviele Jahre habe ich immer wieder für einige Wochen versucht, von Wasser wegzukommen. Bisher viel mir das immer sehr, sehr schwer und meine Trinkmenge ging auf maximal 1 Liter je Tag zurück. Hier komme ich auf ca. 1 - 1,5 Liter Mineralwasser. Ein Vorteil, es ist richtig schon gekühlt und da fällt es mir dieses Mal auch gar nicht schwer. Die Chancen stehen dieses Mal wirklich gut, das ich den Light Getränken als Hauptflüssigkeit entkomme.

 

Jetzt stehen dann noch Einzeltherapie und Gruppentherapie an. Auf beides bin ich sehr sehr gespannt. Ich hatte als Hausaufgabe auf, eine Gewichtskurve von meinem 15 Lebensjahr bis heute zu erstellen. An manche Jahre kann ich mich sehr gut erinnern, aber zwischendrin fehlen mir sicherlich 20 - 25 Jahre. Egal wie sehr ich mich versuche zu erinnern, an Hand von Ereignissen wie Hochzeiten, Arbeitsstellen ... es ist wie ein schwarzes Loch. Es ist ein Wirrwarr und ich bin gefühlt einfach immer von dick bis sehr dick gewesen.

 

Ansonsten hoffe ich, das wir dieses Mal im Einzelgespräch endlich mit der richtigen Therapie beginnen. Bisher ist es noch ein  Vorbereiten auf die Therapie und das setzt mich unter Drucke. Gerade wenn ich die Aufgaben nicht erfüllen kann, weil mir mein Gedächtnis einfach einen Streich spielt.