Halten - Angekommen sein - gar nicht so einfach!

Mittwoch, der 27.04.2016 "Ein ganz schmaler Grad"

Das kostet mich jetzt richtig Überwindung, aber ich habe in meiner Meiga-Zeit gelernt: wenn ich Dinge in meinen Blog schreibe, dann hole ich sie mir ein Stück weit mehr in die Realität herüber. Ich kann dann gut reflektieren und es hilft mir dabei, an mir und meinem aktuellen Problem zu arbeiten.

Ich muss zugeben: ich habe ein gewichtiges Problem und das macht mir Angst.
Ich habe Angst wieder zuzunehmen und das beeinflusst gerade alles.

Ich bin an zwei Fronten beschäftig mit meinem Gewicht.
Da gibt es die mechanische / praktische Front. Mein Magen hat einfach nur noch ein bestimmtes Fassungsvermögen. Das kann man sich so vorstellen, wie die altmodischen Kaffeetassen aus Porzellan von unseren Omas. Klein, zierlich und mit Sicherheit kein Kaffeehumpen.
Er macht es mir im Augenblick etwas schwer alle Kalorien auf gesunde Weise aufzunehmen, die ich brauche. Sobald ich Nahrungsmittel esse, die fettiger oder überhaupt schwerer von den Kalorien her sind, macht mein Magen sogar noch früher zu. Da passt dann, je nach dem was ich essen, vielleicht eine halbe bis dreiviertel Kaffeetasse aus Omas guten Porzellan rein.

Das macht mir weniger Angst, das ist jetzt alles Übungssache. Hier werde ich den Dreh bald raushaben. Alles nur eine Frage des Durchprobierens von verschiedenen Lebensmitteln.

Die andere Seite in mir, die macht jagt mir eine Heidenangst ein. Da liefert sich das Duo "Verstand / Vernunft" ein heißes Battle mit "ich habe Angst wieder dick zu werden". Und weil ich da soviel Respekt davor habe, habe ich mir professionelle Hilfe an die Seite geholt. Ich habe mir lauter kleine Kontrollpunkte eingebaut in den letzten zwei Wochen. Meine Ernährungsberaterin, meinen betreuenden Arzt, meine Wiegeliste .....

Ich bin zur Zeit wegen einem BurnOut krank geschrieben und gehe auch seit einiger Zeit zu einer Verhaltenstherapeutin. Und dort habe ich gestern meinen ganzen Mut zusammengefasst und das erste Mal sehr offen und ehrlich über diesen inneren Kampf gesprochen. Mit ihr haben ich einen sehr starken Kontrollpunkt an Bord geholt. Und heute Morgen habe ich ganz offen über mein Problem in der Wiegeliste geschrieben. Meine Mädels in der Wiegeliste sind ein weiterer Kontrollpunkt für mich. Sie müssen gar nichts tun, können sie ja auch nicht. Aber einfach nur, das ich das loswerden konnte und das sie nun wissen welche Dinge mich gerade beschäftigen, das hilft mir ungemein. Danke Mädels!!!!!

Und nun der Blog -das kostet viel Überwindung für mich und irgendwie schäme ich mich auch dafür. Man kommt sich gerade als so eine kleine Betrügerin vor. Die Gewichtsabnahmeheldin hat sich überhaupt nicht Heldenhaft in die andere Richtung verrannt. Ist doch scheiße - ehrlich ;-).

Mit meiner Therapeutin habe ich gestern einen neuen Gewichtsrahmen bestimmt. Es darf weder darüber, noch darunter gehen. Wir haben gemeinsam mein Verstands-Gewicht angepasst und neu definiert. Mein Ausgangsgewicht um das sich alles dreht sind nun die 53 kg. Ich darf aber nicht weniger als 51 kg wiegen und ich soll zu ihr kommen, wenn ich mehr als 55 kg wiege. Die 51 kg möchte ich vom Verstand her nie wiegen, aber die 55 kg will ich nun auch nicht mehr wiegen. Bescheuert was?

Ich wünschte ich könnte mein Gewicht bei 53,5 kg festtackern und egal wie, was und ob ich esse, es bleibt einfach bei den 53,5 kg festgetackert stehen. ;-)
Jo, geht ja nun auch nicht ... is ja mal klar.

Als meine EB vor zwei Wochen gesagt hat: jetzt fängt die eigentlich Arbeit an, habe ich weise meine Kopf genickt und dachte: pah, ich weiß doch längst was du meinst. Einen Scheissdreck wußte ich noch vor zwei Wochen und wahrscheinlich kann ich es jetzt noch nicht mal ganz überreißen. Ich weiß nur, jetzt fängt wirklich die Arbeit an. Und zwar die Arbeit nicht von der Fett-Sucht in die Mager-Sucht abzurutschen.

Der Grad dazwischen ist so verdammt schmal, das hätte ich mir vor 45 Kilos nicht im Traum vorgestellt. Und der größere und schwerere Brocken ist nicht das praktische Auffüllen des Magens mit gesunden Kalorien sondern der Kopf und die kämpfenden Stimmen in mir.

Ich sehe im anderen Forum einfach immer wieder, wie Langzeitoperierte nach vielen Jahren wieder zunehmen. Manchmal sogar wieder bei ihrem Ausgangsgewicht landen und wieviel von Ihrer Energie das mitnimmt. Wie schlecht es ihnen dabei geht und wie sie sich immer mehr zurückziehen und sich als erneute und dieses Mal noch größere Versager fühlen.

Und nein, es geht bei weitem nicht allen Langzeitoperierten so! Niergends ist die Quote beim Halten so gut wie bei den Operiererten. Ich habe nur einfach Angst irgendwann auch zu dieser Gruppe der "Wiederzunehmer" zu gehören.

Und so sagt mein Verstand im Augenblick vergeblich: Michaela, du hast ein tolles Gewicht erreicht. Versuche dich einzufinden und stabilisiere dein Erreichtes.
Meine Angst sagt: du willst nie wieder dick sein, vielleicht solltest du dir einfach ein größeres und sichereres Polster zwischen dir und deiner oberen Gewichtsgrenze anschaffen.

Ich dachte ja mal, wenn ich mein vermeintliches Traumgewicht erreicht habe, dann ist alles EasyPeasy. Pfeifferdeckel *ggg* man ist einfach nur an anderen Fronten beschäftigt.

Hmm, mal tief durchatmen jetzt. Hosen runter lassen ist nicht immer einfach. Zu sagen: hey, ich hab da ein Problem - fällt mir persönlich schwer.
Was ich aus meiner Vergangenheit gelernt habe: ich muss schneller die Reißleine ziehen, was ich hiermit getan habe.
Ich habe mir ein Netzwerk aus Kontrollpunkten errichtet und einige davon sind die absoluten Profis, das ist gut so.
Alleine das ich das getan habe, hat mir eine kleine Last von den Schultern genommen.
Und jetzt bin ich auch bereit den Kampf mit meinen inneren Stimmen auszufechten und ich werde ihn auf alle Fälle gewinnen.
DENN: ich habe die Reißleine ziemlich früh gezogen und bin gewichtstechnisch mit meinem BMI mittendrin im gesunden Bereich.


Samstag, der 21.05.2016 Fräulein M. - Kaputt, Geschafft, Nichts!

Kaputt - ist mein Auto!

Das habe ich einen Tag vor meinem Urlaub geschafft. Habe einen alten Ford Transit geknutscht, der meinte mitten im Anfahren doch bremsen zu müssen. Außer Sachschaden und verletzter Autofahrer-Stolz ist nichts passiert. Aber nun stehe ich ohne Auto da und bin abhängig von den Fahrdiensten meines Schatzi´s.

Es läuft wohl auf einen gebrauchten Peugeot 207 raus. Die sind günstig, produzieren gerne Dieselautos und eine Werkstatt wäre in der Nähe.

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Geschafft – habe ich diesen Urlaub mehr als ich dachte!

So ziemlich nach unserem ersten Wanderurlaub habe ich mal gesagt, ich möchte mal in der Lage sein 600 Höhenmeter am Stück hochzugehen. Und als ich dann im Juni 2015 operiert wurde, war das mein erklärtes Ziel für den Sommer 2017. ;-)

Dieser Wanderurlaub am Gardasee war einfach grandios. Schon am zweiten Wandertag habe ich das erste Mal über 500 HM am Stück geschafft und hab geheult vor Glück. Wie geil ist das denn!!!! Das ich meinem Ziel so schnell, so Nahe komme, damit hatte ich am allerwenigsten gerechnet. Aber ich war geschafft und beim Abstieg mussten wir schneller sein als das nahende Gewitter. Also habe ich mir einen ordentlichen Muskelkater am Po geholt.

An unserem letzten Wandertag sind wir dann los marschiert. Dabei die 600 zu knacken, waren nicht auf meinem Plan. Und dann gings bergauf, bergauf, bergauf. Ich war klüger dieses Mal. Den bei den letzten Wanderungen ging mir von jetzt auf gleich nach 2 Stunden immer die Energie aus. Ausgestattet mit Zwieback und 2 Dosen Cola war ich nach einem kurzen Zwischenstopp nicht mehr zu bremsen. Als mein Freund mir dann gesagt hat, das wir schon über 550 HM geschafft hatten, war mein Ehrgeiz nicht mehr zu bremsen. Ich habe mich am letzten Wandertag mit 627 HM belohnt und bin ohne Muskelkater oder total groggy zu sein, unten wieder angekommen. Nach einem kurzen Zwischenstopp auf unserem Bauernhof ging es anschließend noch zu einem kleinen Stadtbummel nach Limone. Dort gab es bei strahlendem Sonnenschein eine Kugel Karamelleis und ein paar ruhige Minuten am Gardasee selbst.


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Nichts – gab es Heute bisher zum Essen!

Davor hatte ich großen Respekt und Angst. Aber leider bin ich einen Schritt weiter in die falsche Richtung gegangen. Während meines Urlaubs habe ich natürlich sehr oft kleine Portionen gegessen, den das Wandern über Stunden verbraucht eine Menge Energie. Und ich habe den Urlaub in vollen Zügen genossen. Es gab Pizza, Pasta, Grappa, Grissinis, Käse, Nüsse, Eis und normales Cola.

Das viele Essen auf Etappen war im Urlaub nicht nur berechtigt, sondern sogar notwendig um durchzuhalten. ABER, ich habe es mit nach Hause gebracht und die letzten Tage kultiviert. Und es kam wie es kommen musste, ich habe heute Morgen die 53,4 kg auf der Waage gesehen. Jetzt müsste man meinen, es ist gut das ich jetzt langsam mache. Und langsam machen wäre ja auch gut, wäre sogar perfekt würde ich sagen. ABER: ich kann nicht langsam machen, ich habe die komplette Notbremse gezogen. Nichts geht mehr, ich kann mir gerade selbst das Essen nicht erlauben.

Was um Himmels Willen ist jetzt so schwierig daran sich einfach ein Müsli oder eine Scheibe Brot mit Käse in den Mund zu schieben. Mechanisch durchaus kein Ding müsste man meinen. Mein Kopf sträubt sich so sehr, das ich nicht mal eine kleine Weintraube rein bekomme. Und es wird mir mit meinem Schlauchmagen auch noch so leicht gemacht. Ich muss ja keinen Hunger erleiden.
Ein flaues Gefühl im Magen kann ich gut mit Milchkaffee, Brühe oder Tee für Stunden beseitigen. Und so sitze ich jetzt vor meinem großen Pott Tee, hab die Brühe und den Kaffee schon hinter mir. Nur gegessen habe ich heute noch keinen einzigen Bissen.
Ich kann es einfach nicht zulassen. Dafür war ich schon mindesten 10 mal auf der Waage. In der Hoffnung die 52,? Kg zu erblicken um mir mental das Essen erlauben zu können.

Der Schock, das die 53 Kilos so leicht zu erreichen waren ….. der sitzt ziemlich tief. Meine Gedanken?

• Jetzt mal für 1 – 2 Tage nichts essen, dann hast du die gleich wieder unten.
• Vielleicht sollte ich mir überlegen, das ich die 51 kg anstrebe um ein angemessenes Polster zur 53 zu haben.
• Die Fettschürze am Bauch muss schnellstens weg, den sie lässt mich einfach immer noch dick fühlen.
• Ich habe so dünne Ärmchen, das sieht scheiße aus. Man sieht jede einzelne Ader jetzt, wer soll das noch attraktiv finden
• Wie? Andere tragen inzwischen Kindergröße und du hast immer noch eine 38 / 40. Du bist einfach noch nicht schlank genug.

Ich habe jegliches Maß für mich verloren!

Zum Glück holt mich Lothar später ab und ich übernachte wie immer von Samstag auf Sonntag bei ihm. Das heißt: es gibt gesundes Abendessen, es wird morgens gefrühstückt und ich muss erst einmal essen. Den nie im Leben würde mir einfallen, vor Lothar NICHT zu essen.
Ich neige zu Extremen, das sagt mir auch schon meine Therapeutin. Und wir arbeiten daran, das ich endlich ein gesundes Mittelmaß finde. Gerade was mein gestörtes Verhältnis zu Essen anbelangt, ist das im Augenblick sogar noch wichtiger, als mein berufliches BurnOut.

Hier liest man immer wieder den Satz: „Nichts schmeckt so gut, wie Schlanksein sich anfühlt!“
Genauer betrachtet birgt der Satz ganz schön Sprengstoff. Vor allem, wenn man um den Ursprung dieser Aussage weiß.
Der Slogan ist in der Pro-Anorexia-Szene ein beliebter Satz, mit dem sich magersüchtige Mädchen zum grenzenlosen Hungern motivieren.

"Nichts schmeckt so gut, wie ein gesundes Verhältnis zum Essen und zum eigenen Körper!"
"Nichts schmeckt so gut, wie gesunde Ernährung mit kleinen, genussvollen Momenten und Sünden zwischendrin!"


Mittwoch, 25.05.2016 - Essstörung

Aus meinem Problemchen wurde eine handfeste Essstörung mit Tendenz zu weiterem Gewichtsverlust. Gestern von meiner Therapeutin diagnostiziert worden. Jetzt arbeiten wir am "wieder essen erlauben".

Ich habe gestern erfahren, das folgende Verhaltensweisen bei mir auf die Essstörung hinweisen:

- sich bei einer bestimmten Gewichtsgrenze (bei mir sind das die 53 kg bei 155 cm) nicht zu Essen erlauben können
- das Essen immer weiter nach hinten in den Tag hinaus schieben
- Komplette Mahlzeiten durch Kaffee mit Milch, Suppenbrühe oder Tee mit Milch ersetzten
- wieder vermehrter Einsatz von Lightprodukten (und zwar nicht aus geschmacklichen Gründen oder weil ich Vollfett teilweise nicht vertrage,
sondern einzige und alleine um Kalorien zu sparen)
- der dauernde und mehrmalige Gang am Tag auf die Waage, wenn ich über 53 kg wiege und davon das Essen abhängig zu machen
- ..............
- .........

Der Grad zwischen einer gesunden und glücklichen Gewichtsabnahme hin zu einer gravierenden Essstörung kann so schmal sein. Und im Moment komme ich alleine dagegen nicht an. Ich bin wirklich froh, das ich den Mut hatte und es offen bei meiner Therapeutin und EB ausgesprochen habe. Den die Beiden kontrollieren mich jetzt rigoros und das hindert mich daran, mich auf unter 50 kg zu diäten. Auf der einen Seite ein doofes Gefühl, weil ich so mein sicheres Polster zur 53 Kilo Marke nicht erarbeiten kann, aber mein Hirn sagt mir auch, das das der notwendige und richtige Schritt für mich war.

Da will ich nicht hin - von der Fettsucht zur Magersucht!

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Was mich etwas beruhigt hat war, das ich zum heutigen Wiegetag wieder 52,8 kg wiege und nicht mehr, wie noch vor ein paar Tagen 53,4 kg. Das war für mich keine schöne Erfahrung auf mehreren Ebenen.
Zum einen das Gewicht ansich und zum anderen, das mich diese kleine Zunahme so aus dem Konzept bringt.

Für jetzt hatte ich erst mal die Erlaubnis wieder unter die 53 kg zu kommen. Aber in den nächsten Monaten bekomme ich dann auch mal die Hausaufgabe, bewusst zuzunehmen und auf die über 53 kg zu kommen und diese dann auch mal eine Zeitlang behalten. Ich soll lernen, das ich dadurch nicht wieder dick werde und ich mein Gewicht auf eine gesunde Art und Weise lenken kann.

Jetzt muss ich ja wegen der Ernährungsberatung Buch führen und schreibe mein Essen auf. Wenn der Termin war, soll ich eine Zeit lang nicht aufschreiben und lernen, wieder auf die Signale von meinem Körper zu hören.

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ABER ES GIBT MEHR ALS NUR ESSEN UND WAAGE!!!

Ansonsten gehts mir blendend. Am 01. Juni werde ich zum vierten Mal Tante und endlich ist es mal ein Mäderl. Ich freu mich schon tierisch. Mein Schatzi wird im Juni 50 und er bekommt von mir einen Wanderrucksack. Der ist schon auf den Weg zu mir.

Die Erstberatung bei der Rentenversicherung hat ergeben, das ich nun eine sehr gezielte Beratung bei einem Fachberater bekomme. Darum hat sich die Erstberaterin noch vor Ort gekümmert und ich habe nun einen Termin für den 02. Juni bekommen. Das ging mal ratzfatz und völlig unkompliziert.

An der Autofront gibt es nur bedingt Neuigkeiten. Alleine Auto kaufen ist für mich nicht. Verkäufer denken dann meist: ha, eine Frau .... leichtes Opfer gefunden. Also mache ich das zusammen mit Schatzi ;-)
Schatzi hat nur gerade wenig Zeit und so bugsiere ich nun seit einigen Tagen sein Raumschiff durch die Gegend. Er hat mir netterweise seinen Firmenwagen geliehen und opfert sich nun .... wie Männer mal so sind .... und fährt zwangsweise mit seinem Audi TT Cabrio in die Arbeit oder zu seinen Kunden. *ggg* Ich hingegen chauffiere nun mit einem Raumschiff von Madza 5 Kombi durch die engen Gassen hier und fühle mich bis auf diverse Einparkprobleme (gibt es überhaupt so große Parklücken?!?!) ganz wohl mit dem Auto. Jo, so über 150 PS unterm Hintern kommen ganz gut, wenn man es nicht selbst bezahlen muss. *kicher* Mit einem Mazda könnte ich mich anfreunden, leider hat mein innerer Finanzdirektor ein anständiges Wort mitzureden. Es gibt kaum gebrauchte Diesel-Mazdas, und wenn dann sind sie teuer.


Dienstag, 31.05.2016 - Der erste Schritt

Mit dem 1. Juni beginnen wir ein neues Spiel in unserer Wiegeliste. Wir haben beschlossen, den Fokus weg von der Waage, auf unser eigentliches Tun zu lenken. Ich freue mich darauf .... nicht mehr die Zahl auf der Waage steht im Mittelpunkt, sondern unser Verhalten. Endlich kann man auch mal einen Erfolg für sich verbuchen, auch wenn die Waage stehen bleibt oder aus welchen Gründen auch immer, einen Schlenker nach oben macht.

Ich habe eine schrittweise und langsame Änderung vorgeschlagen und die Mädels haben sogar noch einen besseren, langsameren Gang für dieses Spiel gewählt. Und nun nehmen wir uns für jedes Monat eine kleine Änderung in unserem Leben vor. Das mag mit Sicherheit nicht SOFORT die große Auswirkung auf der Waage haben. Aber langfristig, da bin ich mir sehr sicher, fahren wir besser damit.

Irgendwann in unserem erwachsenen Leben haben wir verlernt "Schritt für Schritt" zu gehen. Wir WOLLEN nur noch und zwar sofort und gleich. Jede Änderung muss drastisch sein, wenn uns die Motivation packt. Da werden sofort die 150 % gegeben und es wird sich frustriert zurück gezogen, wenn man als logische Konsequenz nicht durchhält - nicht durchhalten kann!

Würden wir das den von unseren Kindern erwarten? Wenn wir sie in die Schule schicken, erwartet kein Lehrer, kein Schulsystem der Welt das das Kind nach einer Woche perfekt lesen kann. Schritt für Schritt lernt es jede Woche neue Buchstaben hinzu. Erst lernt es sie zu erkennen, dann werden sie langsam nachgekrakelt ....... erinnert euch, eine ganze Heftseite nur mit großen und kleinen A und a. Erst lernt man die Blockschrift, später im Jahr die Schreibschrift. Dann kommen die ersten kleine Worte aus 3 bis 4 Buchstaben. Nach einem Jahr ist es dann soweit, die Kindern können die ersten kleinen, zusammenhängenden Texte lesen und kurze Wörter schreiben.

Wie wäre es, wenn wir das Tempo anziehen und von unseren Erstklässlern verlangen würden, das sie schon in den ersten Wochen das können müssten, wozu sie jetzt 1 Schuljahr Zeit haben?
Wären sie nicht frustriert? Würden sie nicht die Schulsachen in die Ecke schmeißen und das ganze Lernen und drum herum extrem doof finden? Wo bleibt der Spass? Wo bleibt das vorsichtige Heranstasten? Wo bleibt das sich erfahren können? Wo bleiben die Erfolgserlebnisse?

Warum verlangen wir das von uns? Warum wollen wir mit aller Macht oftmals gleich alles und radikal in unserem Leben ändern? Schnallen wir nicht, das wir schon viele Male genau an der gleichen Weggabelung gestanden sind und frustriert aufgebeben haben. Warum tun wir uns das immer und immer wieder an?

Ist es den wirklich zu luschig, wenn wir mit dem ersten Schritt beginnen? Ist es den eine Schande, das große und kleine A erst einmal so lange zu üben, bis wir es sicher schreiben können? Wollen wir den dieses Erfolgserlebnis nicht oder ist es uns einfach zu klein - nicht spektakulär genug?
Warum sind wir den nicht stolz auf uns, wenn wir nach einigen Wochen ein schönes großes A und kleines A schreiben können. Das ist doch super! Noch vor ein paar Wochen wußten wir überhaupt nicht, wie wir es schreiben sollten - wir kannten es nicht einmal. Wir haben es nur immer ausgesprochen und uns nicht damit beschäftigt.
Sollten uns die großen und kleinen Buchstaben des Abnehmelebens es nicht wert sein, das wir uns ausgiebig und liebevoll eine Zeit lang auf sie konzentrieren?

Neue Herausforderungen sollen fordern - aber sie sollen einen nicht Überfordern!

Sich einmal hinsetzten und genau zu prüfen, was im Ernährungs- und Bewegungsleben falsch läuft, sollte dauern. Sollte nicht auf 2 Minuten abgehakt sein. Und dann sollte man die einzelnen Punkte durchgehen und sich vorstellen, wie es für einen ist, wenn man sie ändert. Und dann beginnt man mit dem Punkt im Leben, der einen am wenigsten Angst macht.

Ich schiebe zum Beispiel mein erstes Essen am Tag oft weit bis nach 12:00 Uhr hinaus. Es wird mir nichts bringen, wenn ich mir vornehmen das ich ab heute jeden Tag um 8:00 Uhr frühstücke. Damit will ich für mich pesönlich zuviel und würde es als Versagen empfinden, wenn ich das nicht schaffe. Und so habe ich mir als erste Änderung vorgenommen: an mind. 3 Tagen in der Woche möchte ich vor 10:00 das erste Mal essen.

Die Änderung fordert mich, aber überfordert mich nicht!

Immer dieses ab Heute gleich mal 150%:
- mache ich jeden Tag mind. 20 Minuten Sport
- lasse ich unter der Woche die KH zum Abendessen weg
- gibt es keine Schokolade mehr (bis ich schlank bin)

Am besten gleich alle 3 Vorhaben auf einmal, dabei ist eigentlich schon bei einer Änderung der Frust vorprogrammiert.
Warum sind wir Menschen nicht mutig genug und beginnen einfach mal mit den ersten wackeligen Schritten?

- ich will diese Woche an 2 Tagen 15 Minuten Sport am Stück schaffen
- ich will 2 Tage pro Woche mein Abendessen KH frei gestalten
- es gibt nur noch 1 Tafel Schokolade pro Woche (ich kann sie mir aufteilen wie ich will)

Und dann beginne ich die Änderung zu etablieren und zwar über mehrere Wochen hinweg, ohne das eine zweite neue Änderung hinzu kommt. Ich sammle kleine Erfolge, merke das ich es kann und bin stolz auf mich!

Und eh ich mich versehe, habe ich nach einem Jahr 10 - 15 kleine Änderungen in meinem Leben vorgenommen. Änderungen, die ich verinnerlicht habe, die mir nicht mehr weh tun. Änderungen, die inzwischen ganz selbstverständlich zu meinem Leben gehören.

Ich habe mir nie vorgenommen, soviel Sport zu machen. Ich habe mir nur vorgenommen das ich was für meinen Rücken tun wollte. Dafür habe ich zweimal die Woche jeweils 20 Minuten zu Beginn investiert. Irgend wann, im Laufe der Zeit hat sich das einfach verselbstständigt, ohne mein bewußtes "dazu tun". Und heute geniesse ich Bewegung, sie gehört zu meinem Leben.

Ich will vieles in meinem aktuellen, schlanken Leben ändern. Aber ich will es Schritt für Schritt. Den viel wichtiger als das große ganze, sind mir die kleinen erfolgreichen Schritte geworden. Und so arbeite ich jetzt daran, das ich Schritt für Schritt ein normales Verhältnis zu meinem Körper, meinem Essverhalten und meinem Gewicht bekommen.

Am Ende des Jahres stehe ich dann schon nicht mehr am Beginn meines Weges, sondern bin mitten drin.